Zirkel der AG Burse

Akademische Gesellschaft Burse

Traueranzeige Simone Jaschok, im Alter von 45 Jahrenin folge eines Autounfalls von uns gegangen.

Wer sind wir?

Wir sind eine „schwarze" Verbindung, fachlich bunt gemischt. Weil für uns das Ende des Studiums nicht das Ende der Kontakte bedeutet, treffen sich alle Generationen von 19 bis 90 gleichberechtigt und unbefangen. So entsteht ein engagierter Freundeskreis, der uns menschlich weiterbringt, uns aber dabei nicht, wie häufig befürchtet, völlig vereinnahmt.

Was sind wir?

„Schwarze" Verbindungen tragen keine Farben (oder Uniformen oder Stulpenstiefel oder Mützen oder Bänder...) aber das ist für uns noch lange nicht alles:

Semesterprogramm Wintersemester 2024/25

GESCHICHTE


Die Akademische Gesellschaft Burse - Geschichtlicher Rückblick 1921- 2000

Im Januar 1921 wurde die Verbindung als 'Akademische Gesellschaft' an der Technischen Hochschule Stuttgart gegründet. Etwa 20 aktive und 10 ehemalige Studenten fanden sich in dem Willen zusammen, ihre Gemeinschaft nach den Erfahrungen des Kriegserlebnisses und entsprechend den zeitgegebenen Anforderungen neu aufzubauen. Die Gründungsmitglieder hatten dem seit 1871 bestehenden Akademischen Liederkranz Schwaben angehört, aus dem sie ausgetreten waren, als die Altherrenschaft die Entwicklung im althergebrachten Sinn zu beeinflussen suchte. Sie wollten dagegen eine sinnvolle Weiterentwicklung deutschen Verbindungslebens: Die Grundhaltung war durch die Forderung nach sozialem Ausgleich, Toleranz und nüchternem Urteil in politischen und weltanschaulichen Fragen gegeben. Die Bewährung in der Gemeinschaft des Bundes sollte den jungen Akademiker zu selbständigem Denken führen und ihm Voraussetzung für seine Haltung innerhalb der wirtschaftlichen und politischen Umgebung seines Berufslebens sein. Anstelle des Gebrauchs der Waffe und elitären äußeren Zeichen pflegte man die geistige Auseinandersetzung, das Einstehen für die eigene Überzeugung.

Die Akademische Gesellschaft war damit die erste Verbindung an der Technischen Hochschule, die weder schlagend noch Farben tragend war.

Ohne Anlehnung an eine andere Gruppe entwickelte sich der Bund auf sich allein gestellt. Die Ideen der noch lebendigen 'Jugendbewegung' bestimmten zwar mit das Gesicht des Bundes, jedoch ohne eine direkte Beziehung zu deren Vereinigungen. Versuche, freundschaftliche Verhältnisse zu anderen Stuttgarter Korporationen herzustellen, blieben damals ohne Erfolg erst nach dem Zweiten Weltkrieg bildeten sich auch hier weitere Studentenverbindungen dieser Denk- und Zielrichtung.

Bei der Akademischen Gesellschaft standen ursprünglich Musik und Chorgesang im Vordergrund, was sich aus der Herkunft verstand. Die neuen Zielsetzungen führten aber dann zunehmend zur Auseinandersetzung mit Problemen der Zeit, sodass Vorträge, Aussprachen und Diskussionen zum Kern des Bundeslebens wurden. Dennoch behielten gemeinsame Fahrten, Wandern und Sport ihren Platz in der Bundesarbeit. Auch die Pflege der Musik wurde fortgesetzt durch gemeinsames Singen und eine besondere Gruppe, die Kammermusikvereinigung.

Beim Aufbau der Verbindung war der materielle Opferwille der noch sehr kleinen Altherrenschaft gefordert. Anfangs wurde ein Gartenhaus an der Hasenbergsteige gemietet, 1925 dann ein Grundstück an der Leonberger Straße gekauft. Zunächst wurde in Eigenarbeit das dort vorhandene Gartenhaus erweitert; 1932 wurde dann ein größeres Haus mit Saal und einigen Zimmern erbaut, ebenfalls unter Mitwirkung der Bundesbrüder. 1936 ging dieses Haus leider verloren, als Folge der Auflösung aller studentischen Verbindungen durch den NS-Staat.

Damals standen die etwa 120 Bundesbrüder in Altherrenschaft und Aktivitas vor der Frage des weiteren Zusammenhalts. Viele sahen eine Aufgabe in der Betreuung der zu einer sogenannten 'Kameradschaft' zusammengeschlossenen 'auslandsdeutschen' Studenten, andere wollten dabei nicht mitmachen. Trotzdem spaltete die unterschiedliche politische Ansicht die Bundesbrüder nicht, getreu der Grundhaltung des Bundes. Der Zusammenhalt in dieser Zeit blieb gewahrt durch Rundschreiben, die von Bundesbruder zu Bundesbruder, zwischen Front und Heimat hin- und hergingen; insbesondere das Weihnachtsportal am zweiten Weihnachtsfeiertag war jährlicher Treffpunkt der Bundesbrüder (und ist es bis heute). Nach dem Zweiten Weltkrieg vermissten wir schmerzlich über 40 Bundesbrüder, die gefallen oder verstorben waren.

Der allgemeine Wille zum Wiederaufbau kam auch dem Bund zugute. Die Stuttgarter Alten Herren kamen ab 1949 wieder regelmäßig zusammen. Bald schlossen sich die meisten alten Mitglieder dem Bund wieder an, und 1953 entstand auch eine neue Aktivitas. Die Beschaffung eigener Räume wurde dringend erforderlich. 1956 wurde am Herdweg der sogenannte "Keller" als Versammlungsraum gemietet und im gleichen Haus sieben Zimmer im Dachgeschoss zur Unterbringung der auswärtigen Bundesbrüder.

1958 erfolgte die Gründung des Altherrenbundes als eingetragener Verein. Der Name der Verbindung wurde erweitert um "Burse", die historische Bezeichnung für das gemeinschaftliche Wohnheim von Hochschullehrern und ihren Studenten (heute noch z.B. in Tübingen), von bursa (lat. Börse), später gemeinschaftliche Kasse und weiter Gemeinschaft, die aus einer gemeinsamen Kasse lebt.

Der jetzt anstehende Entschluss, ein eigenes Haus zu bauen, fiel nicht leicht, da die in Aussicht gestellten Mittel aus dem Bundesjugendplan für Studentenwohnheime nicht in Anspruch genommen werden konnten. Ohne Haus aber hätte die Burse keine Zukunft gehabt. So wurde im Herbst 1960 ohne staatliche Hilfe mit dem Bau begonnen. Das verlangte gewaltige Leistungen seitens der damals 90 Alten Herren und 63 aktiven Bundesbrüder, die sich nach alter Tradition zur persönlichen Mitarbeit zur Verfügung stellten.

Im Herbst 1961 wurde dann unser heutiges Haus in der Mönchhaldenstraße mit Saalgeschoss und Wohnräumen für zunächst 17 Studenten bezugsfertig. Anfangs waren die Zimmer teilweise doppelt belegt. Inzwischen sind daraus Einzelzimmer geworden. Das Bursenhaus als Stützpunkt förderte die Entwicklung in den folgenden Jahren. Das Gefühl, mit dem Bau des Hauses etwas Besonderes geleistet zu haben, festigte den Zusammenhalt. Die Aktiven verpflichteten sich über viele Jahre zu tätiger Mitarbeit in Form der 'Hausbaustunden' und die Alten Herren zu Hausbau-Darlehen. Das stärkte die gemeinsame Verantwortung für das Verbindungseigentum und gleichzeitig konnte sich das Bundesleben mit Veranstaltungen aller Art nun voll entfalten.

Im Wernigeroder Schwarzen Verband (seit 1973 Miltenberg-Wernigeroder Ring) fand die Akademische Gesellschaft Burse den zu ihr passenden Zusammenschluss von nicht-schlagenden, schwarzen Verbindungen; 1965 trat die Burse dort bei. Freundschaftliche Beziehungen zu den Verbands-Verbindungen und deren Mitgliedern, die gleiche konfessionelle und politische Unabhängigkeit und gleiche Interessen in Öffentlichkeit und Hochschulbereich in schwieriger werdenden Zeiten gaben den Ausschlag.

Die 1968'er-Zeit ('Studentenrevolte') beeinflusste die Entwicklung der Verbindungen und auch die der Burse. Die normale Spannung und Sprachlosigkeit zwischen Vätern und rebellierenden Söhnen war damals historisch verschärft: die in der wirtschaftlich aufblühenden Nachkriegs-Demokratie Großgewordenen warfen der noch aus Weimarer Republik und Kaiserreich stammenden Eltern- und Lehrer-Generation vor, in der Zeit der Nazidiktatur generell moralisch versagt zu haben, und forderten rigoros Erneuerung. Obwohl dies an der Technischen Hochschule Stuttgart weniger dramatisch ablief, war doch die Aktivitas dem stark politisierten akademischen Geist keineswegs entzogen. Man wirkte mit - freilich konstruktiv: Bursianer kandidierten zum Studentenparlament und riefen bildungspolitische Organisationen ins Leben, die noch bis heute arbeiten. Vorträge und Podiumsdiskussionen mit Hochschullehrern und Politikern bis hin zum Bundes- Justizminister fanden auf dem Haus statt, das damals aus den Nähten zu gehen drohte.

Auch intern wurden Signale gesetzt: so wurde etwa der Betreuer der 'vorläufigen Mitglieder' nicht mehr als Fuxmajor tituliert. Ganz im Sinne der Gründungsväter wurden weitere Schranken und Ressentiments abgebaut: Seit 1972 werden Studentinnen aufgenommen und ebenso Angehörige anderer Stuttgarter Hochschulen.

1979 begann das Pendel in der Studentenschaft zurückzuschwingen, viele Erscheinungen der Liberalisierung verschwanden. Auf die Einhaltung der Regeln für Wohnzeit, Zuschüsse und Übertritt in den AH-Bund wurde wieder streng geachtet; die Aktiven betonten neu das Lebensbund- Prinzip; der Bund konsolidierte sich. 1996 feierte die Burse ihren 75. Gesellschaftstag groß und im gebührenden festlichen Rahmen.

Immer neu zeigte sich, dass die Akademische Gesellschaft sich als ein lebendiger Organismus jung und vital zu erhalten verstand. Wandel und vor allem stete innere Erneuerung waren und sind Teil unserer Geschichte und Denkweise. Ein regelmäßiger kreativer Austausch hierzu im großen Kreis der Bundesbrüder und -schwestern ergänzt in jüngerer Zeit das aktive Bundesleben und gibt immer wieder Impulse.

Auch das Haus als Entwicklungs-Raum und zentraler Stützpunkt bedarf steter Erhaltung; 25 Jahre nach dem Einzug in das damals hochmoderne Gebäude wurde 1988 erstmals renoviert und in 2000 erneut; eine weitere große Überarbeitung ist geplant, damit das Haus energietechnisch und ästhetisch auf der Höhe der Zeit bleibt. Da die staatliche Förderung des Bundes weiter zurückgefahren wurde, wird auch diesmal die Belastung gewaltig sein.

Ziel der Akademischen Gesellschaft Burse ist es nach wie vor, die ganze Persönlichkeit des Einzelnen zu bilden und den Gemeinsinn zu fördern, damit wir in geistig freier Verantwortung den Forderungen der Gemeinschaft gerecht werden, die im Freundesbund, in Familie und Beruf aber auch im Staat und im Zusammenleben der Völker unserer Welt gestellt sind. Möge der Bund dieser Aufgabe immer gewachsen sein.

Oktober 2008, Bernhard Wörner

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